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Teil I: Langzeitprovisorische Versorgung mit dem CAMLOG Vario SR System

Dieser Fallbericht erläutert die Implantation von 14 CAMLOG-Implantaten bei einem seit 15 Jahren zahnlosen Patienten. Zwölf dieser Implantate erhielten eine festsitzende Sofortversorgung durch provisorische, metallverstärkte, festsitzende Brücken.

Quelle: Anwenderbericht im Implantologie Journal 04/2012 von Dr. Burghardt Zimny, M.Sc., M.Sc., ZTM Nikolai Küffner/Berlin

Die Versorgung eines zahnlosen Patienten mit einem festsitzenden, implantatgetragenen und ästhetischen Zahnersatz stellt sowohl an den Behandler als auch den Patienten große Anforderungen – an den Behandler im operativen und prothetischen Verfahren, an den Patienten in Form von finanziellen Belastungen als auch einer häufig zu Beginn der Behandlung verschlechterten Funktion des provisorischen Zahnersatzes.

Die Ansprüche des Patienten steigen und es wird vermehrt nach Möglichkeiten der Verkürzung der Behandlungszeit gefragt. In zahlreichen Studien wurde die Osseointegration von sofortversorgten Implantaten gezeigt.1–5 Die Implantate sollten möglichst keiner Mikrobewegung ausgesetzt werden, die die Osseointegration gefährden könnte. Vermieden werden kann dies durch eine primäre Verblockung von mindestens drei tripodisiert gesetzten Implantaten.

So ist es für den Patienten eine enorme Verbesserung, wenn sofort nach der Implantatinsertion feste, metallverstärkte, provisorische Brücken eingesetzt werden können. Der Patient erhält so während der Einheilzeit deutlich mehr Komfort und muss nicht mit hohlgelegten Totalprothesen die Zeit der Einheilung überbrücken. Für den Behandler hat es den Vorteil, dass die Nachsorge wesentlich weniger Zeit in Anspruch nimmt. Das Unterfüttern der Prothesen und die Druckstellenentfernung entfallen. Ein weiterer Vorteil ist, dass auch aus der späteren definitiven Versorgung der Zeitdruck vonseiten des Patienten nach einer schnellstmöglichen Therapie und Abschluss der Behandlung nicht besteht, da er mit stabilen, gut funktionierenden Brücken versorgt ist.

Das Konzept der Sofortbelastung von Stegen im Unterkiefer ist seit Mitte der Siebzigerjahre durch Ledermann bekannt und gut dokumentiert.6–12 Malo entwickelte aus dem Konzept von Ledermann sein Konzept „All-on-4“ 13–20, bei dem vier Implantate pro Kiefer gesetzt werden und mit festsitzenden Brücken versorgt werden können. Bei geringem Knochenangebot können die distalen Implantate stark abgewinkelt werden, um einen Knochenaufbau zu vermeiden. 19,21 Durch die dann notwendige starke Angulation der Abutments für diese schräg inserierten Implantate beschränkt sich dieses Konzept auf einige wenige Implantatfirmen. Eine davon ist CAMLOG mit den verschiedenen Vario SR Abutments. Der folgende Patientenfall zeigt eine beispielhafte Anwendung dieses Systems in unserer Praxis.


Fallbericht

In diesem Beispiel wurden acht CAMLOG-Implantate im Oberkiefer und sechs CAMLOG-Implantate im Unterkiefer ohne 3-D-navigierte Schablone inseriert. Im Ober- und Unterkiefer wurden noch am Operationstag je sechs Implantate mit okklusal verschraubten, metallverstärkten Brücken aus PMMA-Kunststoff (Futura Gen, Schütz, Rosbach) belastet.

Ausgangssituation

Ein männlicher, 47 Jahre alter Patient stellte sich unserer Praxis mit dem Wunsch nach einer neuen festsitzenden Versorgung vor. Er nahm keine Medikamente, hatte keine Grunderkrankungen und war seit 15 Jahren zahnlos und ohne Zahnersatz (Abb. 1).

Abb. 1: Patient am Morgen des OP-Tages. – Abb. 2: Nach ästhetischen und funktionellen Kriterien neu hergestellte Totalprothesen des Patienten. – Abb. 3: In klarem Kunststoff dublierte Prothesen. – Abb. 4: Vorbereitung für die Herstellung der Röntgenschablone: Bohrung in gewünschter Position und Achse der später inserierten Implantate.


Präoperativ

Präoperativ werden in unserer Praxis bei einem zahnlosen Patienten nach ästhetischen und funktionellen Gesichtspunkten neue Totalprothesen hergestellt (Futura Gen und Pala Premium, Heraeus, Hanau; Abb. 2). Diese werden kostengünstig aus klarem Kunststoff dubliert (Futura Gen; Abb. 3). Durch die dublierten Prothesen wird dann auf dem Modell mit einem dünnen Bohrer (D 2,6 mm, CAMLOG, Wimsheim) in der gewünschten prothetischen Zahnachse und Position bis auf die Kieferkammmitte ein Loch gebohrt (Abb. 4), welches mit röntgenopaker Guttapercha (Guttapercha-Spitzen, Orbis Dental, Münster) gefüllt wird (Abb. 5).

Abb. 5: Röntgenschablone – die Bohrlöcher sind mit röntgenopaker Guttapercha gefüllt. – Abb. 6: OPG mit Röntgenschablone zur Vermessung und Orientierung.

Mit diesen dublierten Prothesen (Röntgenschablone) kann dann ein DVT oder OPG angefertigt werden. Man erhält durch die röntgenopake Guttapercha eine sehr gute Orientierung und kann gegebenenfalls die Achsen oder die gewünschten Implantatpositionen korrigieren (Abb. 6). Aus dieser Röntgenschablone wird dann die Bohrschablone bzw. Orientierungsschablone hergestellt. Diese dient jedoch in unserer Praxis nur zum Finden der gewünschten Implantatposition sowie zur Orientierung bei einem zahnlosen Kiefer. Soll die Implantatposition nicht verändert werden, muss nur die Guttapercha entfernt und der Durchmesser des Bohrloches auf den Durchmesser des ersten Pilotbohrers des Implantatsystems erweitert werden. Zusätzlich lassen wir den oralen Bereich der doublierten Prothesen sowie den bukkalen Funktionsrand großflächig entfernen, da der Chirurg nur so eine Übersicht über das Operationsgebiet erhält (Abb. 7). Des Weiteren stellt der Techniker präoperativ eine Modellgussgitterbasis für Ober- und Unterkiefer her (Wironit, BEGO, Bremen; Abb. 8). Diese dient als Verstärkung für die späteren PMMA-Kunststoffbrücken.

Abb. 7: Großflächig freigeschliffene Bohrschablone zur Orientierung auf dem zahnlosen Kiefer. – Abb. 8: Präoperativ hergestellte Metallverstärkung für die langzeitprovisorischen Brücken.


Intraoperativ

Im Oberkiefer konnten in diesem Beispiel sechs CAMLOG Implantate (L 13 mm/D 4,3 mm / Regio 14,13,11,21, 23, 24) ohne Augmentation inseriert werden. Zusätzlich wurden in Regio 15 und 25 je ein CAMLOG-Implantat (L 8 mm/D 3,8 mm) mit internem Sinuslift und Eigenknochen inseriert. Diese heilten gedeckt ein und wurden nicht sofortbelastet. Aufgrund des guten Knochenangebots konnten die Implantate annähernd gerade inseriert werden, nur an 23 und 24 wurde ein um 20° abgewinkeltes Vario SR Abutment benötigt,um eine gemeinsame Einschubrichtung zu finden.

Abb. 9: Sechs CAMLOG-Implantate mit Einbringpfosten im OK/Implantat 23 und 24 mit Vario SR Ausrichthilfe 20°,um die gemeinsame Einschubrichtung zu finden.– Abb.10: Sechs CAMLOG-Implantate mit Vario SR Abutments im OK/Implantat 23 und 24 mit abgewinkeltem Vario SR Abutment 20°/Implantat 15 und 25 heilten gedeckt ein.

Intraoperativ erfolgt die Auswahl der Abutments und Ausrichtung der Implantate mit der Vario SR Ausrichthilfe (Abb.9). Danach werden die Einbringpfosten entfernt und die Vario SR Abutments fest mit 20 Ncm auf den Implantaten verschraubt (Abb. 10). Diese werden bis zur definitiven Versorgung des Patienten nicht mehr abgenommen. Im Unterkiefer konnten in diesem Beispiel sechs CAMLOG-Implantate (L 13 mm/D 3,8 mm, Regio 36, 35, 33, 43, 45, 46) inseriert werden (Abb. 11). Es konnten wegen der annähernden Parallelität der Implantate gerade Vario SR Abutments verwendet werden (Abb. 12).

Abb. 11: Annähernd parallel inserierte CAMLOG-Implantate mit Einbringpfosten im UK. – Abb. 12: Sechs gerade Vario SR Abutments im UK. – Abb. 13: Eingeschraubte Vario SR Abformkappen für geschlossene Löffel, diese dienen auch zur Bissnahme und Gesichtsbogenübertragung.

Nach Verschluss des Operationsgebietes mit chirurgischem Nahtmaterial (Silk braided black 4/0, Chirmax, Ratingen) erfolgt die Abformung (Permadyne Garant, 3M ESPE, Neuss) der Implantate, die Bissnahme (Beauty Pink Wax x-hard, MOYCO) und die Gesichtsbogenübertragung (Amann Girrbach, Koblach, Österreich) mit den auf den Vario SR Abutments verschraubten Vario SR Abformkappen für geschlossene Löffel (Abb. 13). Danach erfolgt die handgeführte Bissnahme in zentraler Kondylenposition mit doppelter Beauty-Pinkwachsplatte zur Bestimmung der horizontalen Kieferrelation. Die ideale vertikale Dimension wird im Artikulator eingestellt.


Postoperativ

Abb. 14: Die zurückgeschliffenen OK- und UK-Totalprothesen werden über den Vario SR Abutments und den Titankappen auf dem Modell platziert. – Abb. 15: Silikonvorwall und freigeschliffene OK-Totalprothese von palatinal, diese wird in die verschraubte Brücke umgewandelt. – Abb. 16: Intraoral verklebte OK-Brücke/Implantat 21 wurde zuvor auf dem Modell im Labor verklebt.

Im Labor erfolgt daraufhin die Herstellung der Meistermodelle (Rocky Mountain, Klasse 4 Dental, Augsburg/ Fegura Sil Gingi, Feguramed, Buchen). Das Oberkiefermodell wird mit dem Gesichtsbogen in den Artikulator übertragen und daraufhin das Unterkiefermodell mit dem Bissregistrat dagegen einartikuliert. Die ideale vertikale Dimension kann bei vorhandenen Prothesen mithilfe der Gutowski-Schiebelehre (StarMed, Grafing) übernommen (Distanz Papilla Incisiva auf mediale Kieferkammmitte im Unterkiefer) und im Artikulator eingestellt werden. Danach werden die vorhandenen Totalprothesen zurückgeschliffen und über den Vario SR Titankappen und der Metallverstärkung auf dem Modell platziert (Abb.14 und 15). Der Techniker polymerisiert dann pro Kiefer eine der Titankappen im Labor in die Brücke ein (Qu-resin, bredent, Senden). Die restlichen Kappen werden mit dem gleichen Kleber im Mund einpolymerisiert, um so einen spannungsfreien Sitz der Suprakonstruktion zu ermöglichen (Abb.16). Zum Abschluss werden die Brücken im Labor versäubert und gründlich, auch von basal, poliert und gegebenenfalls neu eingeschliffen, um eine Front-Eckzahnführung zu erreichen. Abbildung 17 zeigt die ausgearbeiteten Brücken vor der Verschraubung im Mund.

Abb. 17: Ausgearbeitete OK- und UK-Brücke vor der Verschraubung im Mund. – Abb. 18:Patient am Abend des OP-Tages mit den festverschraubten provisorischen Brücken. Detailaufnahme des Lächelns. – Abb. 19: OPG vor definitiver Versorgung der Implantate/langzeitprovisorische Brücken in situ.

Die Brücken werden dann im Mund auf den Vario SR Abutments mit 15 Ncm festverschraubt und die okklusalen Löcher mit einem provisorischen Füllungsmaterial (Clip, VOCO, Cuxhaven) verschlossen. Die Brücken sollten danach, wegen der initialen Abnahme der Primärstabilität, in den folgenden Wochen nicht mehr abgenommen werden. Der Patient verlässt daraufhin am Abend die Praxis mit neuen, festen Zähnen (Abb. 18). Abbildung 19 zeigt die Röntgenkontrolle drei Monate nach Implantatinsertion und vor Freilegung der Implantate in Regio 15 und 25.

Der zweite Teil des Artikels beschäftigt sich in der nächsten Ausgabe mit der endgültigen prothetischen Versorgung des Patienten.

Dieser Anwenderbericht ist erschienen im IMPLANTOLOGIE JOURNAL 4/2012

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