Nachrichten & Veranstaltungen

In zehn Stunden komplett bezahnt: Frank Liesegang erhielt seine Implantate am Morgen und ging noch am gleichen Abend mit neuer Lust am Lächeln wieder heim. (Foto:Schubert)

Kostenlose Beißer für neue Moral
Zahnarzt Burghardt Zimny spendiert „Charity-Behandlung“

Wilmersdorf. Binnen eines Tages verwandelte sich der zahnlose Patient in einen Mann mit frischem Lebensmut. Hätte er die Gebissrekonstruktion nach neuesten Methodik selbst bezahlen müssen, wäre er jetzt um 40 000 Euro ärmer.

„Ist ja irre!" Frank Liesegang grinst in den Spiegel, zieht seine Lippen zurück, dreht den Kopf nach allen Seiten. Endlich Zähne. Der Patient umarmt seinen Arzt, empfindet ein Glück – so aufrichtig, so unverstellt, dass niemand behaupten kann, es träfe den Falschen. Bezahlt hat er keinen Cent, dafür aber etwas zurückgewonnen, womit er auf dem Arbeitsmarkt

bestehen kann: die Courage des gesunden Lachens. Draußen vor der Praxis ist ein Tag verdunkelt, an dessen Morgen man Liesegang noch zahnlos lispeln hörte. Vor zehn Jahren begab es sich, dass der Kraftfahrer nach einer eitrigen Kiefererkrankung seine Kauleisten verlor. Buchstäblich ohne Biss lebte er fortan, der Arbeitslosigkeit hingegeben und an starkem Übergewicht leidend, nur für die Erziehung seiner Tochter und fand weder Geld noch Zutrauen für zahnärztliche Hilfe.

Die Krankenkasse bezahlten dem 49-Jährigen zwar Prothesen. Aber nur solche, die ständig verschlissen oder die er nicht vertrug.

Einzigartiger Fall

Ein glücklicher Klick im Internet war es schließlich, der Frank Liesegang an die richtige Adresse brachte. Dr. Burghardt Zimny erkannte nämlich im Rahmen der Untersuchung, dass eine derart schwerwiegende Situation in der einschlägigen Literatur noch nirgends dokumentiert war. Und so gewann er, vermittelt von einem wissenschaftlichen Journal, einen Hersteller für Zahnersatz als Sponsor und hatte seinen Patienten binnen zwei Wochen operationsbereit. Acht Titanschrauben in den Oberkiefer, sechs Implantate in den unteren, darauf befestigt die Komplettverblendung mit Keramik, das alles im Eilverfahren mit der „Sofortbelastungsmethode" – kostet normalerweise 40 000 Euro, in diesem Fall nur ein Lächeln. Und nun, da Liesegang seine Malzeiten endlich wieder mit belastbaren Zähnen zerkleinern kann, liegt auch der kulinarische Gelderwerb nicht mehr fern. Er wagt den Schritt in die Selbstständigkeit und verkauft daheim in Tempelhof Falafel, Kuskus und Pommes. tsc

( © Berliner Woche, KW 39/2011 )

Artikel als PDF zum Download